Am 4. Oktober 2019 besuchten die Europaabgeordnete Marion Walsmann und der Landtagsabgeordnete Maik Kowalleck (beide CDU) das Stahlwerk Thüringen in Unterwellenborn. An dem Gespräch mit der Geschäftsleitung nahm auch Unterwellenborns Bürgermeisterin Andrea Wende teil (OTZ berichtete). Maik Kowalleck hatte seine ehemalige Landtagsfraktionskollegin Marion Walsmann im Vorfeld auf die nach vorliegenden Informationen aus der Branche deutlich verschlechterte Situation der Stahlindustrie in Europa und den daraus erwachsenden Handlungsbedarf hingewiesen: „Wir brauchen das Stahlwerk als wichtigen Impulsgeber für die Industrie in unserem Landkreis. Faire Wettbewerbsbedingungen für die Stahlindustrie sind deshalb dringend erforderlich. Bei den laufenden Tarifverhandlungen für die mehr als 700 Beschäftigten des Stahlwerks wird ein für beide Seiten annehmbarer Abschluss nicht zuletzt auch von den Rahmenbedingungen in der Stahlindustrie abhängen“, so Kowalleck. Im Gespräch brachten die Vertreter des Stahlwerks zum Ausdruck, was dem Unternehmen aktuell große Schwierigkeiten bereitet.
Weltweit gibt es eine jährliche Überproduktion von rund 440 Mio. Tonnen Stahl. Das ist in etwa zehnmal so viel wie die gesamte Stahlproduktion in Deutschland. Aufgrund der US-Zusatzzölle auf Stahl drohe eine Umlenkung und Überschwemmung des EU-Marktes. Im Kernmarkt tauchen immer mehr Anbieter auf, die unter anderen Bedingungen produzieren und ihre Produkte zu Dumpingpreisen anbieten können. Niedrige Umweltstandards und soziale Anforderungen sind in der Regel nicht mit deutschen Standards vergleichbar. Sogenannte „EU-Safeguards“ sollen den europäischen Markt schützen. Doch trotz erfolgter Revision der EU-Schutzklausel-Maßnahmen ist das Ergebnis für die europäische Stahlindustrie unbefriedigend und bedarf auch nach einhelliger Meinung der Unterwellenborner weiterer Nachbesserungen. Paradox sei dabei, dass Deutschland wegen der Einhaltung der Klimaziele am Pranger stehe, jedoch bei den Anforderungen an umweltrelevante Produktionsbedingungen anderen Ländern weit voraus sei. Von der Europaabgeordneten Marion Walsmann gefragt, was man sich wünsche, war die Antwort: eine dynamische Anpassung der Safeguards an die Wirtschaftsentwicklung. Das würde bisher völlig außer Acht gelassen. Eine wirtschaftliche Rezession, wie sie sich gegenwärtig anbahnt, sei mit den derzeitigen Schutzklausel-Bestimmungen nur schwer zu schultern. Marion Walsmann versprach, die spezifischen Probleme auf direktem Weg an den neuen EU-Kommissar für Handel, Phil Hogan, weiterzuleiten. „Wichtig“, so die Europaabgeordnete, „ist aber vor allem, mit den Vertretern der Arbeitsebene ins Gespräch zu kommen. Hier biete ich gern an, ein Tischgespräch in Brüssel zu organisieren, damit die Details von den Fachleuten direkt erörtert werden können“. Von der Stahlwerksvertretung wurde dieser Vorschlag gern angenommen. Weitere Gesprächsthemen waren die Energiepolitik und die aus Sicht des Stahlwerkes verbesserungswürdige Netzstruktur der Bahn vor allem im ländlichen Bereich.