Maik Kowalleck befragt Landesregierung zum Thema Windräder
Der Saalfelder Landtagsabgeordnete Maik Kowalleck hat bei der Thüringer Landesregierung zum geplanten Bau von Windrädern im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt nachgefragt. Im Entwurf des Sachlichen Teilplans „Windenergie und Sicherung des Kulturerbes“ schlägt die Regionale Planungsgesellschaft Ostthüringen zwölf neue „Vorranggebiete Wind“ für den Landkreis Saalfeld-Rudolstadt vor.
Bisher gibt es nur einen Windpark bei Treppendorf, der laut Karte noch nach Südosten vergrößert werden könnte. Die zwölf hinzugekommenen Flächen liegen demnach fast ausschließlich in Waldgebieten (Thüringer Schiefergebirge und Thüringer Wald). Den Abstand zu Siedlungen regelt das Bundes-Immissionsschutzgesetz und das Baugesetzbuch. Ferner dürften Anlagen dann auch uneingeschränkt in Landschaftsschutzgebiete und Naturparks errichtet werden,sofern „diese nicht als Naturschutzgebiet oder Natura-2000-Gebiet geschützt sind.“
Der Thüringer Umweltminister Tilo Kummer beantwortete die Fragen des Landtagsabgeordneten Maik Kowalleck und gab zunächst einen Überblick, wie viele Windkraftanlagen es im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gibt:
„Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt werden derzeit vier immissionsschutzrechtlich genehmigte Windenergieanlagen (WEA) betrieben, welche 2012 (zwei WEA) sowie 2014 (zwei WEA) im Vorranggebiet Windenergie „Treppendorf" in Betrieb genommen wurden. Ein Repowering dieser WEA erfolgte bisher nicht. Angaben über die geplante Bestandsdauer der WEA liegen nicht vor, da die erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen unbefristet gültig sind. Des Weiteren werden im Landkreis an den Standorten Leutenberg (Inbetriebnahme 1995) und Schwarzatal (Inbetriebnahme 1996) je eine baurechtlich genehmigte WEA betrieben“, so Kummer.
Auf die Frage, welchen Energieertrag die Windkraftanlagen im Landkreis Saalfeld Rudolstadt erbringen konnte von der Landesregierung keine Angabe gemacht werden. Bezüglich der Energieerträge der WEA im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt lägen keine Angaben vor, da die Landesregierung grundsätzlich keine Energiekennzahlen einzelner Stromerzeugungsanlagen erheben würde.
Hinsichtlich der Voraussetzungen für den wirtschaftlichen Betrieb von Windkraftanlagen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt im Vergleich zu anderen Landkreisen in Thüringen antwortet die Landesregierung:
„Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt ist die Errichtung von WEA nur im Vorrang gebiet W-31 — Treppendorf des Sachlichen Teilplans Windenergie Ostthüringen 2020 zulässig. Außerhalb des genannten Vorranggebiets sind die Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von WEA nicht gegeben. Angaben zu den planerischen Erwägungen, die zu der Entscheidung für das genannte Vorranggebiet und gegen die im nördlichen Teil des Landkreises er mittelten Prüfflächen geführt haben, lassen sich dem Sachlichen Teilplan Windenergie Ostthüringen 2020 entnehmen. Der Entwurf des Sachlichen Teilplans „Windenergie und Sicherung des Kulturerbes" Ostthüringen vom 4. Juni 2025 sieht darüber hinaus zwölf weitere Vorranggebiete Windenergie im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt vor. Die Öffentlichkeitsbeteiligung zu diesem Entwurf findet vom 14. Juli 2025 bis ein schließlich 15. September 2025 statt. Die Unterlagen, aus denen sich die vor gesehenen Vorranggebiete Windenergie sowie die zugrundeliegenden planerischen Erwägungen entnehmen lassen, stehen auf den lnternetseitender Regionalen Planungsgemeinschaft Ostthüringen sowie bei den Landratsämtern der Planungsregion Ostthüringen zur Einsichtnahme bereit (vgl. ThürStAnz 27/2025, S. 825).“
Weiterhin wollte der Abgeordnete Kowalleck wissen, welche Gründe es in der Vergangenheit gegen den Ausbau von Windkraftanlagen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt gab. „Der Errichtung von WEA im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt stand außerhalb des Vorranggebiets W-31 — Treppendorf die außergebietliche Ausschlusswirkung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 Baugesetzbuch (BauGB) entgegen. Diese gilt gemäß § 245e Abs. 1 Satz 1 BauGB fort. Im Übrigen wird auf die Antwort zur Frage 3 verwiesen“, so der Umweltminister.
Hinsichtlich der Genehmigungsverfahren beziehungsweise Planungen zum Bau von Windkraftanlagen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt führt die Landesregierung aus: „Im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt sind derzeit keine immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren für die Errichtung und den Betrieb von WEA in Bearbeitung. Im Oktober 2019 wurde eine WEA, im September 2023 wurden fünf WEA und im Dezember 2023 drei WEA im Vorranggebiet Windenergie „Treppendorf" genehmigt. Gegen die Genehmigung von sieben dieser WEA wurden Widersprüche erhoben, die sich derzeit noch in der Prüfung befinden. Ein Baubeginn bzw. eine Inbetriebnahme der genehmigten WEA wurden bis her nicht angezeigt. Wann die genehmigten Vorhaben realisiert werden, ist der Landesregierung nicht bekannt, da dies eine ausschließlich unternehmerische Entscheidung ist.“
Zur Anzahl und der Standorte der Windkraftanlagen gab es die folgenden Aussagen:
„Der Entwurf des Sachlichen Teilplans „Windenergie und Sicherung des Kulturerbes" vom 4. Juni 2025 sieht im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt folgende Vorranggebiete Windenergie mit der angegebenen Größe vor:
im Entwurf vorgesehenes Vorranggebiet Windenergie | Größe (ha) |
W-23 — Neusitz | 118 |
W-31 — Treppendorf | 220 |
W-32 — Großkochberg | 41 |
W-33 — Solsdorf | 114 |
W-34 — Rottenbach/Bechstedt | 90 |
W-54 — Lehesten | 83 |
W-55 — Leutenberg/Schweinbach | 57 |
W-56 — Lichtenhain bei Gräfenthal | 38 |
W-57 — Gösselsdorf/Pippelsdorf | 117 |
W-58 — Katzhütte/Oelze | 120 |
W-59 — Gräfenthal | 49 |
W-60 — Großkamsdorf/Goßwitz | 75 |
W-61 — Leutenberg/Dorfilm | 69 |
Gesamt | 1.191 |
Grundsätzlich kann ein Flächenbedarf von 15 ha pro WEA angenommen werden (vgl. Beantwortung Frage 1 der Kleinen Anfrage 7/2621, Drs. 7/4747). Unter Berücksichtigung dieser Annahme wäre es rechnerisch möglich, dass perspektivisch im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt 79 WEA betrieben werden könnten. Konkrete Aussagen zur Anlagenanzahl und zu Anlagenstandorten lasen sich jedoch nicht treffen.“
Zum Ausbau der Windkraft und den Steuerungsmöglichkeiten bei der Genehmigung durch die Kommunengab es die folgende Aussage von der Landesregierung:
„Im Rahmen der Erarbeitung des Entwurfs des Sachlichen Teilplans „Windenergie und Sicherung des Kulturerbes" Ostthüringen vom 4. Juni 2025 hat die Regionale Planungsgemeinschaft Ostthüringen auf Basis der vorhandenen Potenziale die Prüfflächen ermittelt. Diese verteilen sich aufgrund unterschiedlicher räumlicher Voraussetzungen nicht gleichmäßig über die Region (Textteil zur Ausweisung der Vorranggebiete „Windenergie", S. 17). Gleich wohl wird planerisch eine Überprägung einzelner Teilräume vermieden, so dass kein übermäßiger Ausbau der Windenergie zu erwarten ist. Im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren wird dann über einen konkreten Antrag (beantragte Anzahl von WEA an einem konkreten Standort) entschieden. Im Rahmen der Beteiligung der Kommunen ggf. ein gebrachte alternative Standorte oder Änderung der Anzahl der beantragten WEA können in einem solchen Verfahren nicht berücksichtigt werden. Steuerungsmöglichkeiten für die Kommunen ergeben sich demnach nur durch Ab sprachen/Vereinbarungen mit den Vorhabenträgern im Vorfeld der Antragstellung.“
Die nachfolgende Antwort der Landesregierung gab es zu den Auswirkungen auf den Arten- und Naturschutz durch die Errichtung von Windkraftanlagen im Wald, auf ehemaligen Waldflächen, Landschaftsschutzgebieten und Naturparks?
„Die Auswirkungen, welche die Errichtung von Windkraftanlagen auf den Arten- und Naturschutz haben können, sind von den Bedingungen am jeweiligen Standort sowie von den jeweiligen Merkmalen des Projekts abhängig. Eine pauschale Antwort ist hierzu nicht möglich. Voraussetzung für eine sachgerechte Beurteilung der Auswirkungen sind ausreichende Kenntnisse, unter anderem über die Verbreitung und das Verhalten der störungsempfindlichen oder wind kraftsensiblen Tierarten im Umfeld der geplanten Anlagen oder beispielsweise über die Qualität des örtlichen Landschaftsbildes für die Erholung. Entsprechende Auswirkungen können sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Dies gilt auch für Standorte im Wald, auf ehemaligen Waldflächen, in einem Naturpark oder in einem Landschaftsschutzgebiet.“
Hinsichtlich des Abstands zu Siedlungen wurden folgende Aussagen von der Landesregierung gemacht: „Im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BlmSchG) und den dazu erlassenen Rechtsverordnungen ist kein Mindestabstand von WEA zu Siedlungen vorgeschrieben. Eine Genehmigung nach BlmSchG für die Errichtung und den Betrieb von Anlagen kann nur erteilt werden, wenn sichergestellt ist, dass schädliche Umwelteinwirkungen, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Gemäß § 99 Abs. 1 Thüringer Bauordnung ist ein Mindestabstand von 1.000 m zwischen WEA und Wohnbebauung einzuhalten. Die Regionale Planungsgemeinschaft hat planerisch ebenfalls einen Abstand zu Siedlungen von 1.000 m angesetzt (Kriterium 1.2, Anlage 1 zur Begründung Z 1-1 — Kriterienkatalog zur Ausweisung der Vorranggebiete „Windenergie").“
Zur Errichtung von Windkraftanlagen auf ehemaligen Bergbauflächen im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt führt die Landesregierung folgendes aus: „Ehemalige Bergbauflächen stellen grundsätzlich keinen Ausschlussgrund für die Errichtung von Windenergieanlagen dar. Sofern es die Standortanalyse (z. B. Raumplanung, Sicherheitsabstände, Standsicherheit, Eigentumsverhältnisse etc.) zulässt, könnten diese Flächen ebenso, wie bei anderweitigen Nutzungsarten, in Anspruch genommen werden. Soweit die Flächen zudem in einem ausgewiesenen Vorranggebiet Windenergie liegen, steht dem raumordnerisch nichts entgegen.“
Die Auswirkungen auf den Tourismus im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt durch die Errichtung von Windkraftanlagen, zum Beispiel in der Stauseeregion, im Schwarzatal oder im Thüringer Schiefergebirge, wurden durch die Landesregierung folgendermaßen bewertet: „In einer Studie des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie an der Leibnitz Universität Hannover aus dem Jahr 2015 ("Gone with the wind? The im pact of wind turbines on tourism demand") wurde erstmals wissenschaftlich verlässlich und generalisierbar der Zusammenhang von Windkraftanlagen und regionaler touristischer Nachfrage betrachtet. Dabei sind nicht nur die Anzahl der Windkraftanlagen in der Tourismusregion selber, sondern auch die Präsenz von Windkraftanlagen im Umland berücksichtigt worden. Die statistische Analyse zeigt, dass sich Windkraftanlagen negativ auf den Tourismus im nahen Umland bis 20 Kilometern auswirken können. Weiterhin zeigt die Studie, dass küstenferne Regionen eher unter einem negativen Effekt der Windkraftanlagen zu leiden scheinen. Touristinnen und Touristen meiden Gemeinden, die sehr dicht mit Windkraftanlagen besiedelt sind und in denen der Ausbau weiter voranschreitet. Sie scheinen jedoch in Nachbargemeinden auszuweichen, in denen die Anzahl der Anlagen im Gegensatz zu ihrer ursprünglichen Zielregion geringer ist, sodass die negativen Auswirkungen durch eine insgesamt weiter steigende Tourismusnachfrage kompensiert werden könnten. Eine jüngere Studie aus dem August 2022 "Windkraft und Tourismus" der IG Windkraft (Österreich) kommt zu einem vergleichbaren Ergebnis. In der Studie wurden für den Zeitraum 1994 bis 2019 die Übernachtungszahlen verschiedener Regionen den Windkraftausbauzahlen gegenübergestellt. Negative Auswirkungen des Windenergieausbaus auf den Tourismus konnten nicht hergeleitet werden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz auch für den Tourismus immer bedeutsamer werden. Touristische Be triebe, die sich hierzu bekennen, haben eine größere Anziehungskraft und Vorteile gegenüber den Mitbewerbern.“
Hinsichtlich der konkreten demokratischen Mitspracherechte durch die Gemeinde- und Stadträte sowie die betroffenen Bürgerinnen und Bürger bei der Genehmigung beziehungsweise Ablehnung von Windkraftanlagen führt die Landesregierung folgendes aus: „Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens zur Errichtung und zum Betrieb von WEA werden aktuell und auch zukünftig die Gemeinden und Städte beteiligt, auf deren Gebiet sich die Standorte der WEA befinden, und um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gem. § 36 BauGB gebeten. Genehmigungsverfahren zur Errichtung und dem Betrieb von WEA nach BlmSchG können als Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. Im Rahmen eines solchen Genehmigungsverfahrens erfolgt die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens in der Tagespresse, die öffentliche Auslegung der Antragsunterlagen und ggf. die Durchführung eines Erörterungstermins. Unabhängig von der Verfahrensart (Genehmigungsverfahren mit oder ohne Öffentlichkeitsbeteiligung) wird dem Vorhabenträger durch die Genehmigungsbehörde bereits vor Antragstellung dringend empfohlen, eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung (z. B. Projektvorstellung in der Gemeinde, Pressemitteilungen, Einwohnerversammlung usw.) durchzuführen. Gegen die Entscheidung der Genehmigungsbehörde über den jeweiligen Antrag können die Bürgerinnen und Bürger Rechtsmittel einlegen.“